Säuglinge
Aus osteopathischer Sicht sind Hinweise für eine komplizierte Geburt:
- Sehr kurze (bis eine Stunde) oder sehr lange Geburt (über zehn Stunden)
- Einsatz von Saugglocke oder Zange
- Kaiserschnitt wegen Geburtsstillstand
- Schlüsselbeinbruch während der Geburt
- Beckenendlage oder Schräglage
- Starker Druck der Geburtshelfer auf den Leib der Mutter zur Unterstützung der Wehen (sog. Kristellern)
Hinweise für funktionelle Störungen des Säuglings:
- einseitige Kopfhaltung des Säuglings nach rechts oder nach links
- Abflachung des Hinterkopfes auf einer Seite
- starkes Überstrecken des Kopfes und des Körpers nach hinten und Krümmung des Körpers wie eine Banane
- Schiefhals
- Anhaltende Trinkschwäche in Verbindung mit den oben genannten Störungen
- Starke Blähungen, Aufstoßen, starkes Erbrechen nach dem Trinken ("mehr als die Hälfte der Mahlzeit")
- Große Unruhe des Säuglings mit Verkrampfung der Hände bzw. Arme
- Schreikind (Säugling schreit über Stunden)
Oft hören Eltern in solchen Situationen Sätze wie "Das wächst sich aus". Bleiben jedoch solche funktionellen Störungen unbehandelt, kann es zu Folgen für die Entwicklung des Kindes kommen (siehe weiter unten bei Kleinkinder – Kinder). Ein Bild der "alten Osteopathen" dazu: "So wie der Spross gebogen, so wächst der Baum"
Was ist das KISS-Syndrom?
KISS-Syndrom ist die Abkürzung für Kopfgelenk-induzierte Symmetrie Störungen. Der Ausdruck ist eine deutsche Erfindung und international nicht gebräuchlich. Die Verfechter des KISS-Syndroms behaupten, dass praktisch alle Störungen beim Säugling und Kleinkind von Störungen des Atlas (erster Halswirbel) ausgehen. Aus osteopathischer Sicht ist zwar der Atlas sehr häufig eine Ursache für funktionelle Störungen bei Säuglingen, aber bei weitem nicht die einzige.
Tonus-Asymmetrie-Syndrom:
Dies ist die internationale Bezeichnung für funktionelle Störungen bei Säuglingen, die sich in einer unterschiedlichen Spannung der Gewebe im Säugling ausdrücken. Neben den oben genannten Störungen des Atlas finden wir bei Säuglingen sehr häufig Störungen im Becken, Thorax, Bauchraum und vor allem im Schädelbereich. Der Blickwinkel der Osteopathischen Medizin ist hier auf den ganzen Säugling mit seiner individuellen Vielfalt an möglichen Störmustern gerichtet. Bei der Therapie von Säuglingen ist daher eine präzise Diagnose von entscheidender Bedeutung. Die Therapie ergibt sich dann automatisch aus der Diagnose.
Therapiedauer bei Säuglingen:
Säuglinge müssen in der Regel nur wenige Male im Abstand von einigen Wochen behandelt werden. Im Allgemeinen verschwinden viele Auffälligkeiten innerhalb von sechs Wochen nach der Geburt spontan, sodass die erste Untersuchung und ggf. Behandlung etwa in diesem Zeitraum stattfinden sollte und dann nach zwei bis vier Wochen weitergeführt wird.
In Sonderfällen, z. B. nach einer schweren Geburt mit deutlichen Auffälligkeiten, die nicht nach zwei Tagen verschwunden sind (Lage, Haltung, Kopfform, Verhalten, auch Trinkschwäche), und nach Ausschluss kinderärztlich zu behandelnder Erkrankung sollte die Behandlung schon wenige Tage nach der Geburt beginnen; in solchen Fällen sind auch mehrere Sitzungen notwendig, meist vor den Wachstumsschüben des Kindes.