Welche Krankheitsbilder können mit Osteopathischer Medizin behandelt werden?

Aus rechtlichen Gründen wird darauf hingewiesen, dass in der Benennung der beispielhaft aufgeführten Anwendungsgebiete weder ein Heilversprechen noch die Garantie einer Linderung oder Verbesserung aufgeführter Krankheitszustände liegen kann. Für den Bereich der Wirbelsäule, z.B. beim chronischen Schmerz-Syndrom der Wirbelsäule, geht die Bundesärztekammer in der Regel von einer Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen aus (Deutsches Ärzteblatt 2009, Seite 2325 ff.). Im Übrigen gibt es bislang keine Studien, die in wissenschaftlicher Hinsicht die Wirkungsweise der Osteopathischen Medizin bei den unten aufgeführten Krankheitsbildern nachweisen.

Alle Krankheitsbilder sind, so gut es geht, in die Sprache der Patient*innen übersetzt; manche Begriffe lassen sich aber nur medizinisch ausdrücken. Bei Unklarheiten sollten Sie nicht zögern und persönlich mit Ihrem osteopathischen Arzt bzw. Ihrer osteopathischen Ärztin Kontakt aufnehmen.

Schwangere

  • Hartnäckige Ischiasschmerzen, vor allem bei einseitigen Schmerzen
  • Beckenschmerzen mit Bewegungseinschränkung
  • Nacken- und Kopfschmerzen
  • Beschwerden, die unabhängig von der Schwangerschaft bestehen
  • Geburtsvorbereitung

Darf in der Schwangerschaft osteopathisch behandelt werden?

Osteopathische Methoden sind in der Schwangerschaft bis unmittelbar vor dem Geburtstermin möglich. Fast alle osteopathischen Techniken sind als "weich" einzustufen und können ohne Gefahr für Mutter und Kind ausgeführt werden. Wichtig für eine normale, spontane Geburt ist eine normale Beckenfunktion der Mutter. Im Zweifelsfall sollte daher bei Beckenschmerzen vor der Entbindung das Becken osteopathisch untersucht und ggf. korrigiert werden; dies erleichtert die Entbindung.

Stillende

Nach der Entbindung gibt es hormonell bedingt verschiedene Rückbildungsvorgänge im Körper der Mutter. Besonders betroffen sind das Becken, der gesamte Bauchraum, aber auch die Wirbelsäule. Sollten nach der Entbindung hartnäckige Beschwerden in einem dieser Bereiche bestehen, ist häufig eine Beckenfunktionsstörung als Folge der Geburt der Grund. Dies kann mittels osteopathischer Behandlungen gelindert oder behoben werden.

Säuglinge

Aus osteopathischer Sicht sind Hinweise für eine komplizierte Geburt:

  • Sehr kurze (bis eine Stunde) oder sehr lange Geburt (über zehn Stunden)
  • Einsatz von Saugglocke oder Zange
  • Kaiserschnitt wegen Geburtsstillstand
  • Schlüsselbeinbruch während der Geburt
  • Beckenendlage oder Schräglage
  • Starker Druck der Geburtshelfer auf den Leib der Mutter zur Unterstützung der Wehen (sog. Kristellern)

Hinweise für funktionelle Störungen des Säuglings:

  • einseitige Kopfhaltung des Säuglings nach rechts oder nach links
  • Abflachung des Hinterkopfes auf einer Seite
  • starkes Überstrecken des Kopfes und des Körpers nach hinten und Krümmung des Körpers wie eine Banane
  • Schiefhals
  • Anhaltende Trinkschwäche in Verbindung mit den oben genannten Störungen
  • Starke Blähungen, Aufstoßen, starkes Erbrechen nach dem Trinken ("mehr als die Hälfte der Mahlzeit")
  • Große Unruhe des Säuglings mit Verkrampfung der Hände bzw. Arme
  • Schreikind (Säugling schreit über Stunden)

Oft hören Eltern in solchen Situationen Sätze wie "Das wächst sich aus". Bleiben jedoch solche funktionellen Störungen unbehandelt, kann es zu Folgen für die Entwicklung des Kindes kommen (siehe weiter unten bei Kleinkinder – Kinder). Ein Bild der "alten Osteopathen" dazu: "So wie der Spross gebogen, so wächst der Baum"

 

Was ist das KISS-Syndrom?

KISS-Syndrom ist die Abkürzung für Kopfgelenk-induzierte Symmetrie Störungen. Der Ausdruck ist eine deutsche Erfindung und international nicht gebräuchlich. Die Verfechter des KISS-Syndroms behaupten, dass praktisch alle Störungen beim Säugling und Kleinkind von Störungen des Atlas (erster Halswirbel) ausgehen. Aus osteopathischer Sicht ist zwar der Atlas sehr häufig eine Ursache für funktionelle Störungen bei Säuglingen, aber bei weitem nicht die einzige.

Tonus-Asymmetrie-Syndrom:

Dies ist die internationale Bezeichnung für funktionelle Störungen bei Säuglingen, die sich in einer unterschiedlichen Spannung der Gewebe im Säugling ausdrücken. Neben den oben genannten Störungen des Atlas finden wir bei Säuglingen sehr häufig Störungen im Becken, Thorax, Bauchraum und vor allem im Schädelbereich. Der Blickwinkel der Osteopathischen Medizin ist hier auf den ganzen Säugling mit seiner individuellen Vielfalt an möglichen Störmustern gerichtet. Bei der Therapie von Säuglingen ist daher eine präzise Diagnose von entscheidender Bedeutung. Die Therapie ergibt sich dann automatisch aus der Diagnose.

Therapiedauer bei Säuglingen:

Säuglinge müssen in der Regel nur wenige Male im Abstand von einigen Wochen behandelt werden. Im Allgemeinen verschwinden viele Auffälligkeiten innerhalb von sechs Wochen nach der Geburt spontan, sodass die erste Untersuchung und ggf. Behandlung etwa in diesem Zeitraum stattfinden sollte und dann nach zwei bis vier Wochen weitergeführt wird.

In Sonderfällen, z. B. nach einer schweren Geburt mit deutlichen Auffälligkeiten, die nicht nach zwei Tagen verschwunden sind (Lage, Haltung, Kopfform, Verhalten, auch Trinkschwäche), und nach Ausschluss kinderärztlich zu behandelnder Erkrankung sollte die Behandlung schon wenige Tage nach der Geburt beginnen; in solchen Fällen sind auch mehrere Sitzungen notwendig, meist vor den Wachstumsschüben des Kindes.

Kleinkinder - Kinder

Bei Kleinkindern und Kindern finden sich häufig funktionelle Störungen in Begleitung von Krankheitsbildern. Im Einzelfall muss immer durch eine osteopathische Untersuchung abgeklärt werden, ob derartige Funktionsstörungen vorliegen. Im Folgenden einige Beispiele für häufige Krankheitsbilder, die osteopathisch behandelbare Ursachen oder Teilursachen haben.

  • Koordinationsstörungen in der Grobmotorik oder Feinmotorik
  • Gangstörungen, vor allem "Einwärtsgang"
  • Verkrümmungen der Wirbelsäule oder des Brustkorbes
  • Entwicklungsverzögerungen motorisch
  • Verzögerte Sprachentwicklung
  • ADS = Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom
  • chronische Kopfschmerzen, Migräne
  • ungeklärte Bauchschmerzen
  • Bettnässen
  • ungeklärte Schmerzen an den Beinen oder Armen

 

Erwachsene

Grundsätzlich kann Osteopathische Medizin sowohl akute als auch chronische Beschwerden lindern. Für akute Beschwerden gibt es allerdings in der Medizin viele erfolgreiche Behandlungsmethoden, für chronische Beschwerden dagegen oftmals nur wenige Erfolg versprechende Verfahren. Deshalb liegt die Domäne der Osteopathischen Medizin vor allem in der Behandlung chronischer Schmerzpatienten.

  • Schmerzen und Bewegungseinschränkungen:
  • an der Wirbelsäule; vor allem, wenn mehrere Stellen betroffen sind
  • an den Armen oder Beinen
  • an den großen Gelenken wie Schulter, Ellenbogen, Knie, Hüfte, Sprunggelenk
  • nach Unfällen mit Verletzungen der Wirbelsäule oder der Extremitäten

Spezielle Krankheitsbilder:

  • chronische Kopfschmerzen, Migräne
  • Schwindel
  • Ohrgeräusche (Tinnitus)
  • Chronischer Nackenschmerz
  • Atypische Gesichtsschmerzen
  • Kiefergelenks-Schmerzen
  • Ungeklärte Oberbauch-Schmerzen
  • Ungeklärte Unterbauch-Schmerzen
  • Nervöse Magen-Darm-Beschwerden
  • Reizdarm
  • Reizblase
  • Chronische Entzündung der Prostata (Prostatitis)
  • Chronischer Ischias-Schmerz
  • Chronischer Beckenschmerz

Dies sind einige Beispiele für häufige in unserer Praxis vorkommende Krankheitsbilder. In der Regel sind bei diesen Krankheitsbildern am Anfang drei Behandlungen im Abstand von 1-3 Wochen notwendig, dann erfolgt nach etwa sechs Wochen eine erste Kontrolle. Bei langjährigen chronischen Verläufen sind mitunter weitere Behandlungen notwendig. Ziel ist immer eine Stabilisierung des Patienten durch Stärkung seiner Eigenkräfte auf möglichst hohem Niveau.